Sieben Trends

Von Dynamik bis Optimismus: Sieben Trends der deutschen Messewirtschaft

Das 25-köpfige AUMA-Team beobachtet Tag für Tag die deutsche und die internationale Messelandschaft, begegnet Messefachleuten aufseiten der Aussteller, Besucherinnen und Besucher und Veranstalter sowie den maßgeblichen Akteurinnen und Akteuren in Politik und Medien. Aus Befragungen, Beobachtungen und Gesprächen hat der AUMA sieben Erkenntnisse destilliert.

Seit 2020 leitet Jörn Holtmeier den AUMA und treibt dessen Modernisierung als politische Stimme der Messewirtschaft voran.

© AUMA | Steffen Kugler

Dynamik

prägt in diesen Zeiten die Messeplanung der ausstellenden Unternehmen. Die Beteiligungen bleiben trotz anhaltender Wirtschaftsflaute in Deutschland in Summe bemerkenswert stabil. Laut AUMA-Aussteller-Ausblick 2025/2026 wollen 57 Prozent ihre Messepräsenz beibehalten, nur 18 Prozent planen eine Reduzierung, wohingegen 21 Prozent ihre Messeauftritte sogar erhöhen wollen. Das ist ein deutliches Signal für die Relevanz von Messen – selbst im dritten Jahr ohne Wirtschaftswachstum in Deutschland. Angesichts steigender Kosten bei Unterkunft, Reisen und Energie reagieren Aussteller jedoch mit angepassten Strategien und planen ihre Beteiligungen flexibel und kurzfristiger. Veranstalter spüren diese Veränderung – über 90 Prozent berichten von der angespannten wirtschaftlichen Lage ihrer Kunden. Ungeahnte geopolitische Volatilitäten stellen die Unternehmen zusätzlich vor die Aufgabe, Geschäftspotenziale in unterschiedlichen Märkten stetig zu bewerten und zu erschließen. Die Welt ist in Bewegung mehr denn je. Das spiegelt sich auch auf Messen wider.

Infrastruktur

die makellos funktionierte, war lange ein Markenzeichen Deutschlands und ein Grund für den international geschätzten Messeplatz Deutschland. Doch die Flugverbindungen sind auch Jahre nach dem Ende der Corona-Pandemie noch immer nicht auf dem Niveau der Zeit davor ein Grund sind hohe staatliche Abgaben. Die Bahn bringt ihre Reisenden mit regelmäßiger Verspätung an ihr Ziel Besserung ist auf Jahre nicht in Sicht. Auf Brücken und Straßen ist immer mehr ein Hindernislauf zu beobachten, kein schnelles Durchkommen – eine flächendeckende Modernisierung ist mehr denn je gefordert. Die Bundesregierung muss jetzt zügig umsetzen, was sie sich im Koalitionsvertrag 2025 mit Investitionen in Infrastruktur vorgenommen hat, wenn der Messeplatz Deutschland an der Weltspitze bleiben soll.

© NürnbergMesse / Frank Boxler

© Koelnmesse / Thomas Klerx

© Messe Frankfurt Exhibition / Jochen Günther

International

ist und bleibt das Messegeschäft der Zukunft. Abschottung ist kein Trend der Messewirtschaft. Aktuell geht das Wachstum auf den führenden deutschen Leitmessen vor allem von Ausstellern und Fachbesucherinnen und -besuchern aus dem Ausland aus. Zwei Drittel der ausstellenden Unternehmen und über ein Drittel der Besucherinnen und Besucher kommen mittlerweile aus dem internationalen Raum nach Deutschland. Eine Voraussetzung für diesen Austausch sind effiziente, digitale und unbürokratische Visaverfahren – ein Anliegen, das der AUMA auf politischer Ebene nachdrücklich vertritt. Denn internationale Teilnahme lebt von reibungsloser Mobilität mit möglichst geringen Hürden.

Als Botschafter für deutsche Messequalität sind die deutschen Veranstalter seit Jahrzehnten im Ausland aktiv. Sie suchen nach neuen Märkten, um dort mit ihrem hohen Maß an Messe- und Themenkompetenz zu überzeugen, aber auch, um neue Zielgruppen für Messen in Deutschland zu gewinnen. Dafür gehen sie Kooperationen mit Wettbewerbern, mit nationalen, aber auch internationalen Partnern ein. Wichtige Märkte sind die wachsenden Messeplätze im Nahen Osten, aber auch China, Indien, Brasilien und einige Länder in Lateinamerika. Meistens entstehen neue regionale Satelliten zur Leitmesse am deutschen Heimatstandort. Dabei profitieren die Veranstalter von der lokalen Branchenkonjunktur – gestützt durch staatliche Förderprogramme oder eine starke Binnennachfrage.

KI

wird immer bedeutender für die Gestaltung zukünftiger Messeauftritte. Von der Planung über das Besuchermanagement bis zur individuellen Ansprache – künstliche Intelligenz treibt Effizienz und Innovation. Bei deutschen Messeveranstaltern nutzen 70 Prozent KI-Anwendungen in ihrer Arbeit. Zuletzt lag dieser Wert noch bei 55 Prozent. Zugleich sehen drei Viertel der Befragten die Integration von KI als zentrale Herausforderung. Laut AUMA-Aussteller-Ausblick 2025/2026 halten auch 48 Prozent der Aussteller sie für entscheidend. Virtual Reality und das Internet der Dinge ergänzen diesen Trend: VR spielt vor allem bei großen Unternehmen und in der Handelsbranche eine Rolle, IoT bei Investitionsgütermessen. AR-Brillen kommen für Produkterlebnisse und immersive Markenwelten zum Einsatz. Solche Technologien machen komplexe Inhalte erlebbar. Zugleich gewinnen persönliche Begegnungen und vertrauenswürdige, menschlich geprüfte Informationen massiv an Bedeutung. Der direkte Austausch auf Messen wird zu einem wertvollen Gegenpol zur digitalen Perspektive.

KPI

wie Besucherzufriedenheit und Wiederbesuchsabsicht als neue Messekennzahlen gewinnen als zentrale Indikatoren für den Messeerfolg zunehmend an Bedeutung. Der Fokus verschiebt sich – weg von reiner Reichweite, hin zur Qualität der Messe-Erfahrung. Damit gewinnt die Qualität gegenüber der rein quantitativen Betrachtung an Bedeutung. Grundlage für diese Entwicklung sind zunehmend KI-gestützte Analysen von Besucherdaten. Sie ermöglichen tiefere Einblicke in das Verhalten und die Interessen der Zielgruppen – und liefern damit wertvolle Impulse für die künftige Messestrategie ausstellender Unternehmen und Messeveranstalter. Handlungsempfehlungen und Erfolgskontrolle lassen sich dadurch präziser, fundierter und individueller ableiten.

© Mesago Messe Frankfurt / Arturo Rivas

© Deutsche Messe AG

© Messe München

Nachhaltigkeit

bestimmt nun seit mehreren Jahren intensiv das Handeln vieler Messeakteure – von Veranstaltern über Aussteller bis zu Dienstleistern. Mit der kontinuierlichen Reduktion von Treibhausgasemissionen bis 2040 geht die Branche zahlreiche Herausforderungen an – von der Nutzung von Ökostrom über den Einsatz von Mehrwegmaterialien bis zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen im Catering. Auch die Mobilität der Messegäste und der ressourcenschonende Messebetrieb und Standbau rücken weiter in den Fokus. Dafür investiert die Branche bis 2029 einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in Infrastruktur und Energieeffizienz der Messegelände. Neue Impulse für das Engagement für mehr Klima- und Ressourcenschutz schöpfen Akteurinnen und Akteure in der Messewirtschaft aus dem Konzept der Kreislaufwirtschaft. Insgesamt wird deutlich: Nachhaltigkeit ist eine Kernaufgabe – strategisch, operativ und gemeinschaftlich.

Optimismus

prägt die Stimmung in der Messewirtschaft. Während viele Wirtschaftszweige in Deutschland angesichts konjunktureller Unsicherheiten auf Sicht fahren, richtet die Messebranche ihren Blick entschlossen nach vornund zwar zum wiederholten Male, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ermittelt hat. Die Messewirtschaft gehört zu den wenigen Branchen, die auch weiterhin von einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung ihres Geschäfts ausgehen. Dabei ist ihr die Skepsis anderer Branchen keineswegs gleichgültig im Gegenteil: Als Dienstleisterin für die ausstellende Wirtschaft ist sie eng mit deren Erfolg verknüpft. Einmal mehr zeigt die Messewirtschaft mit ihren beeindruckenden Ergebnissen, dass sich selbst in herausfordernden Zeiten mit Optimismus, Innovationsfreude und einem geschärften Blick für Chancen neue Perspektiven eröffnen lassen.

Jörn Holtmeier (Jahrgang 1978) ist seit Anfang 2020 Geschäftsführer des Verbands der deutschen Messewirtschaft AUMA. Zuvor war der Diplom-Betriebswirt in verschiedenen Positionen bei der Daimler AG tätig. Internationale Erfahrung sammelte er u. a. als Congressional Fellow in Washington, D.C.. Holtmeier war die vergangenen drei Jahre in der Jury des Deutschen Nachhaltigkeitspreises für die Kategorie Messe engagiert. Aktuell ist er Vorsitzender des Verbände-Komitees des Weltmesseverbands UFI.