Nachhaltigkeit und CSR

Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung

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„Physische und digitale Barrierefreiheit wird neben genderneutraler Ansprache als wichtig wahrgenommen“

Welche Bedeutung Diversität und Inklusion für die Innovationsfähigkeit sowie die Fachkräftesicherung in der Veranstaltungswirtschaft haben, erläutert Julia Jost, Referentin People bei der Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft fwd: im Interview.

Julia Jost kümmert sich beim fwd: um den Faktor Mensch in der Veranstaltungswirtschaft, denn Events sind People’s Business.

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Das AUMA-Mitglied fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft e. V. führt erstmals eine Studie zu Diversität und Inklusion in der Veranstaltungswirtschaft durch. Was war der Auslöser und was wollen Sie herausfinden?

Unternehmen mit divers aufgestellter Belegschaft und inklusiver Unternehmenskultur kommen nicht nur ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nach, sondern begünstigen Innovationen und wirtschaftliche Vorteile. In der Veranstaltungswirtschaft innerhalb der vielfältigen Unternehmen oder bei Veranstaltungen selbst kommen Menschen mit verschiedenen sozialen Hintergründen zusammen. Diverse Aspekte sozialer Nachhaltigkeit gewinnen an Bedeutung, auch in der Mitgliedschaft. Neben der Fachkräftesicherung in Unternehmen geht es ebenso darum, inwiefern bereits Anreize geschaffen werden, um beispielsweise Quereinsteigende willkommen zu heißen.

Die Studie entstand durch die Zusammenarbeit von fwd:-Mitgliedern und dem fwd:-Ressort People. Dabei wurde betrachtet, inwiefern die Themen Diversität und Inklusion bereits in Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft verankert sind und auf welche sozialen Dimensionen sich konzentriert wird. Die Studie soll eine erste Datengrundlage liefern. Wenn wir erfragen wollen, ob und wie eine inklusive Unternehmenskultur gelebt wird, müssen wir die gesetzten Ziele und erlebten Ergebnisse betrachten und das hierarchieübergreifend. Daher liegt der Fokus für Teil I der Studie auf der Perspektive der Geschäftsführenden, und in Teil II wird die Perspektive der Mitarbeitenden betrachtet.

Die seit Anfang 2025 laufende Studie wird erstmals auf der Messe IMEX präsentiert. Können Sie erste Erkenntnisse der Studie nennen?

Physische und digitale Barrierefreiheit werden neben genderneutraler Ansprache als wichtige Anforderung der Kundinnen und Kunden wahrgenommen. Dies hängt sicherlich mit dem Ende Juni 2025 in Kraft getretenen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) zusammen. Dabei hinkt die gesamte Branche im Punkt Inklusion hinterher: Die Befragten gaben an, dass Inklusion branchenweit eher gering verfolgt wird. Innerhalb des eigenen Unternehmens nimmt das Thema auch einen der letzten Plätze ein. Man sollte bedenken, dass Menschen mit dauerhafter oder auch nur vorübergehender Behinderung ein großes Potenzial für die Branche darstellen: einerseits als Zielgruppe von Events mit entsprechender Kaufkraft und andererseits als Fachkräfte für Unternehmen.

„Es liegt an der Branche, zu zeigen, dass sie einen wichtigen Teil zu einer lebenswerten Zukunft beitragen kann.“

Was hat sich bei den Themen wie Recruiting, New Work, flexible Arbeitsmodelle, Führungskonzepte in der Veranstaltungswirtschaft in den vergangenen fünf Jahren gewandelt?

Seit der Abwanderung von Beschäftigten während der Corona-Pandemie hat die Branche an Image sowie Fach- und Arbeitskräften eingebüßt. Recruiting-Maßnahmen sind damit vielseitiger geworden und müssen gezielt auf den verfolgten Purpose des Unternehmens anspielen. Mitarbeiterbindung ist die tragende Säule, um Rekrutierungsaufwendungen möglichst sinnvoll und effizient zu gestalten. Dazu gehören vermehrt Maßnahmen wie flexible Arbeitszeitmodelle und Führungskonzepte, welche die Mitarbeitenden beteiligen und Gestaltungsspielraum ermöglichen. Es liegt an der Branche, zu zeigen, dass sie einen wichtigen Teil zu einer lebenswerten Zukunft beitragen kann, indem sie sich stetig weiterentwickelt und gesellschaftlichen Mehrwert bietet.

Gut ausgebildete Fachkräfte sind auch in der Eventbranche gefragt. Wie gelingt es, die Ausbildungsinhalte an die Anforderungen der Branche anzupassen? Wie schafft die Branche den Wandel?

Die Kooperation zwischen den Verbänden und deren Ausbildungsengagement ist das Kernelement, um die Vielfalt der Inhalte über kollaborative Ausbildung überhaupt leisten zu können. Ein Beispiel hierfür ist der proaktive Anstoß, den Ausbildungsberuf Veranstaltungskaufleute nach 20 Jahren zu novellieren. Zwischenzeitlich können Berufsschullehrende durch Input aus der Praxis unterstützt werden, wie es bereits der AUMA in vergangenen Jahren umsetzte und auch wir als fwd: mit weiteren Verbänden durch die Initiative EventCampus. Darüber hinaus können Verbände in Kooperation mit Bildungsanbietern praxisnahe Weiterbildungen ins Leben rufen und dadurch zeitnahe Anpassungen der Kompetenzlandschaft ermöglichen. Es braucht das proaktive Engagement von Verbänden im Schulterschluss mit Unternehmen, um den Anforderungen der Branche gerecht zu werden.

Diversitäts-Report 2025: Die wichtigsten Erkenntnisse

  • Fortschritte sichtbar – Inklusion bleibt ausbaufähig
    Vielfalt wird anerkannt, doch inklusive Praxis ist noch nicht flächendeckend verankert.
  • Wachsende Anforderungen an Barrierefreiheit und Ansprache
    Genderneutrale Sprache und barrierefreie Zugänge sind Kundinnen und Kunden zunehmend wichtig. Sie werden durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz auf gesetzlicher Ebene gestärkt.
  • Inklusive Standards oft nicht gelebte Realität
    Bei Bühnenbesetzungen und Eventgestaltung fehlen Diversitätskriterien häufig noch.
  • Inklusion selten strategisch priorisiert
    Nur 30 Prozent der Unternehmen messen ihr hohe Relevanz bei. Konkrete Steuerung über Kennzahlen ist die Ausnahme.
  • Umsetzungsdefizite trotz hoher Bekanntheit
    Viele Maßnahmen bekannt – aber selten implementiert wie zum Beispiel Jobsharing oder Diversitätstrainings.
  • Fazit der Studienleitung „Diversität ist heute ein Selbstverständnis, Inklusion der proaktive Umgang damit. Für die Veranstaltungswirtschaft heißt das, Vielfalt sichtbar zu machen und aktiv zu leben – in Unternehmenskultur, Führung und Eventgestaltung. Die Studie zeigt klar, dass hier noch Nachholbedarf besteht“, kommentiert Prof. Dr. Cornelia Zanger, Leiterin der Studie.

Quelle: fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft und Rifel-Institut. Die Onlinebefragung erfolgte im Zeitraum Februar bis April 2025. Ausgewertet wurden Antworten von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern von 157 Unternehmen der Veranstaltungsbranche.

Diversität im Fokus: Neue Studie der fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft

Was macht das Veranstaltungsbusiness für junge Menschen interessant? Stars, Glitzer, lange Nächte?

Das Veranstaltungsbusiness bietet eine dynamische Arbeitsumgebung: abwechslungsreiche Projekte, komplexe und unvorhersehbare Herausforderungen, für die Soft Skills unabdingbar sind, und den Einsatz modernster Technologien wie beispielsweise Augmented oder Virtual Reality. Dabei ist die Branche sehr breit gefächert: Von Kunst und Kultur bis hin zu Sport- und Business-Events ist alles dabei. Im Veranstaltungsbusiness geht es um Co-Creation am Puls der Zeit, um einzigartige Erlebnisse zu schaffen. Zudem kann es eine sehr sinnstiftende Aufgabe sein, das Ergebnis der eigenen Arbeit und die positiven Auswirkungen des Events durch glückliche Kundinnen und Kunden sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu sehen. Ergänzend dazu kann die Veranstaltungswirtschaft als Teil der Lösung ein Treiber für nachhaltige, zukunftsorientierte Formate sein dadurch können sich Young Professionals angesprochen fühlen und aktiv werden. Von der Planung von Veranstaltungen oder Messeständen bis hin zu Marketingkonzepten gibt es zahlreiche Möglichkeiten, kreativ zu sein und sich einzubringen. Wer persönliche und berufliche Weiterentwicklung mit viel Abwechslung sucht, wird sich hier wiederfinden; schließlich gleicht kein Projekt dem anderen.

Die Fragen stellte Anne Böhl, Managerin Media im AUMA.

Julia Jost (Jahrgang 1996), studierte Pädagogik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Ihre Abschlussarbeit zum Thema „Diversity Management und Mitarbeiterbindung“ wurde 2024 veröffentlicht. Seit Januar 2024 ist sie Referentin People bei der fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft e. V.