Von A bis W – acht Trends der deutschen Messewirtschaft
Ein Beitrag von Jörn Holtmeier, Geschäftsführer im AUMA
Das AUMA-Team beobachtet Tag für Tag die deutsche und die internationale Messelandschaft, begegnet Messefachleuten auf Seiten der Aussteller-, Besucherinnen und Besucher und Veranstalter sowie den maßgeblichen Akteurinnen und Akteuren in Politik und Medien. Aus unseren Befragungen, Beobachtungen und Gesprächen haben wir acht Erkenntnisse destilliert.
Allianzen
machen stärker. Kooperationen unter Messeveranstaltern und Organisatoren nehmen zu – das zeigt auch der AUMA-Veranstalter-Ausblick 2024/2025. Wichtige Messeformate werden beispielsweise in ein neues Joint Venture eingebracht oder Veranstalter vereinbaren eine Zusammenarbeit bei der Vermarktung, um bewährte Vertriebswege optimal zu nutzen. Ziel ist immer, Kräfte zu bündeln, Kunden gezielter anzusprechen, neues Wachstum zu ermöglichen. Deutsche Veranstalter und Messemarken wollen damit auf dem heiß umkämpften Weltmarkt ihre Position ausbauen.
Allianzen machen aber auch stärker, wenn es um die Messebranche als Ganzes im Konzert anderer Wirtschaftszweige geht. Immer wichtiger wird das gemeinsame Vorgehen mit Mitgliedern und Partnern auf nationaler und internationaler Ebene, um sichtbar zu sein, einander zu unterstützen oder auch Standards für Vergleichbarkeit zu schaffen. Freiwillige Regelungen wie das Erfassen von Kennzahlen gehören dazu, beispielsweise durch die FKM Gesellschaft zur Freiwilligen Kontrolle von Messe- und Ausstellungszahlen, aber auch internationale Standards der ISO-Organisation genauso wie das Werben für die Budgets für Förderprogramme auf Bundes- und Landesebene.
Besuchermarketing
wird für den Erfolg einer Messe noch wichtiger. Ausstellende Unternehmen waren nach dem Ende aller Corona-Beschränkungen beeindruckend schnell zurück auf deutschen Messen. Die Zahl der Besucherinnen und Besucher erholt sich verglichen damit aber langsamer. Zugleich sehen wir: Auf Messen ist im Verhältnis zur Gesamtbesucherzahl eine höhere Anzahl an Entscheiderinnen und Entscheidern anzutreffen, das Senior-Level besucht nun vor allem die Veranstaltungen. Die Gesprächsqualität und die Aussicht auf Geschäftsabschlüsse verbessern sich. Die Messe als Handelsplatz unterstreicht damit ihren Markenkern, die richtigen Partner zusammenzubringen. Dies gilt es, mit gutem Service und hoher Erlebnisqualität weiter zu stärken. Entscheidend ist, dass Messeveranstalter und ausstellende Unternehmen bei der Ansprache der Besucherinnen und Besucher weiterhin an einem Strang ziehen.
Erlebnis
muss Messe auch sein, nicht nur Handelsplattform und Raum für Geschäftsanbahnung. Ob Stadtfest, Branchenfest, Fest der Wiedersehensfreude, des unverhofften Kennenlernens: Höhepunkt abseits aller Produktpräsentationen ist die persönliche Begegnung und der fachliche Austausch mit Menschen auf der Messe. Dieses gemeinschaftliche Erlebnis bringt neue Perspektiven, neues Wissen und neue Möglichkeiten und setzt damit erst den Anker für zukünftiges Vertrauen und Gemeinsamkeiten. Austausch und Netzwerken bei Messen stehen stark im Fokus. Veranstalter gestalten ihre Messen mit inhaltsreichen Kongress- und Rahmenprogrammen aus und schaffen gleichzeitig Raum für in Erinnerung bleibende Events.
Künstliche Intelligenz
ist die technologische Entwicklung, die neben Robotik sowie Augmented und Virtual Reality die Messebranche am meisten beeinflussen wird. Chance oder Risiko? Für die Messeveranstalter stehen die Chancen im Vordergrund: Bereits jetzt nutzen gut 56 Prozent KI-Anwendungen – fast schon selbstverständlich – in ihren Arbeitsbereichen, zeigt der AUMA-Veranstalter-Ausblick 2024/2025. Textgeneratoren, Chatbots, virtuelle Assistenten zählen dazu sowie Anwendungen für Marketing-Automation und Datenanalyse. Die Messeteams benötigen nun neue Kompetenzen. Das muss sich perspektivisch auf Ausbildungsinhalte der nachwachsenden Fachkräfte auswirken. Wie in vielen Wirtschaftszweigen wächst der Bedarf der Messewirtschaft, in entsprechende Technologien, Weiterbildung und Personal zu investieren.
Nachhaltigkeit
ist zu einem festen Faktor bei der Planung von Messen geworden. Wohl jede und jeder muss sich mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen, um den Erwartungen der Kunden gerecht zu werden. Immer mehr Angebote für nachhaltigere Messeauftritte entstehen. Ein eigener Wettbewerb ist die Folge. Unternehmen integrieren klimaneutrales Handeln in ihre strategischen Entscheidungen. In den kommenden Jahren planen die Messeplätze in Deutschland Investitionen in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro ein, um ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren – und so weiter hochattraktiv zu bleiben. 2025 hat die Messewirtschaft auf Ökostrom umgestellt und macht damit einen Haken an eine der Zielmarken der brancheneigenen Nachhaltigkeitsposition auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2040 – fünf Jahre vor dem nationalen Ziel Deutschlands.
Messebudgets
der ausstellenden Unternehmen steigen. 99,5 Prozent aller Aussteller wollen in den nächsten vier, fünf Jahren weiterhin auf Messen präsent sein. Marktstärke zeigen klappt für die Mehrheit der Unternehmen nur auf der Messe, im direkten Wettbewerb von Stand zu Stand. Live-Präsenz im Marketing ist unschlagbar. Das alles hat der AUMA-Aussteller-Ausblick 2024/2025 eindrucksvoll belegt. Der Wert einer Messe wird von ausstellenden Unternehmen nach vielen digitalen Versuchen während der Corona-Pandemie neu verstanden, geradezu wiederentdeckt. Mehr Investition auf einer Messe fließt in gute Leute am eigenen Stand und eine hohe Betreuungsqualität für die Besucherinnen und Besucher, aber vor allem in alles, was Menschen anzieht, was Begegnung und Erinnerung schafft.
Öffentlichkeit
schaut wieder mit großer Selbstverständlichkeit auf Messen. Nach der großen Leere der Pandemiejahre haben Städte und Gemeinden realisiert, welche Booster Messen für die lokale und die regionale Wirtschaft sind. Messeformate sind immer zentrale Bühnen ihrer Branchen. Manchmal ist deren Öffentlichkeit jedoch eher klein, manchmal riesengroß. Aber immer steht die Messe im Marketingzentrum eines Wirtschaftszweigs. Messegelände hingegen sind stets eine regionale Wirtschaftskraft und wenigstens nationales, wenn nicht gar internationales Aushängeschild für die Stadt oder das Land. Zugleich bieten sie den Gesprächs- und Erlebnisraum, um über Entwicklungen mit einer interessierten Öffentlichkeit diskutieren zu können und eine gemeinsame Öffentlichkeit zu schaffen.
Wandel
ist seit jeher und bleibt ständiger Begleiter der Messewirtschaft. Messen spiegeln Handel und Wirtschaft, schaffen Raum für Innovationen und bieten Lösungen. Gerade die jüngsten geopolitischen Krisen und Konflikte erfordern neue Ideen für Handel und Wirtschaft. Die Messewirtschaft bietet in beeindruckender Schnelligkeit neue Marktplätze. Stärker in den Fokus rücken dabei derzeit die fernen Märkte in Lateinamerika, die nahen in Europa und die aufstrebenden in Nahost. Aber auch in Deutschland selbst wandelt sich das Angebot an Messen beständig. Messeformate entwickeln sich weiter, adressieren neue Zielgruppen und haben den Markt im Blick. Neue wirtschaftliche Entwicklungen verlangen nach neuen Themenbereichen oder gleich nach separaten neuen Plattformen.